Gestern hat mir meine Freundin eine Tüte Pfandflaschen in die Hand gedrückt, ich solle die doch auf dem Weg zum Taxistand wegbringen.
Das habe ich auch getan, kurz nach Ladenöffnung. Ich hatte ein paar Bierflaschen, einige Mineralwasserflaschen, vier PET-Flaschen, insgesamt genug, um eine blaue Tüte eines allseits bekannten Möbelunternehmens zu füllen.
Vor mir, an dem zickigen Pfandautomaten, war ein muffig riechender Mann mit einem ähnlichen Sack, voll mit klimperndem Glas, der gerade einmal 2,16€ für seine Bierflaschen gutgeschrieben bekam. Für mich waren es genau 2.23€, die als Anzahlung für einen besseren Espresso draufgingen. „8 Cent Mindestlohn oder Die Flaschensammler“ weiterlesen
Nahverkehr und Wert
Heute hatte ich einen Fahrgast, gut sitzender Anzug, dezent gemusterte Krawatte, Designermuskeln. Kurzum: Typ Unternehmensberater.
»Ahhh«, säuselte er, als er sich auf der Rückbank meines Taxis niederließ und den Hinterkopf beinahe auf der Hutablage ablegte. »Endlich Ruhe.«
»Wo waren sie denn vorher?«, fragte ich.
»In der U-Bahn. Mein Gott. Ich weiß schon, warum ich mir meistens ein Taxi gönne. Gerlingviertel, bitte.« „Nahverkehr und Wert“ weiterlesen
Bildung oder Aufklärung?
Ich hatte gestern einen Fahrgast, Mitte 50, grauer Zopf-Pullover, graumeliertes Haar, graues Wesen. Er sei Politik- und Sozialwissenschaftslehrer und schimpfte für die Dauer einer kurze Fahrt durch die Kölner Innenstadt, die ihn zu einer antiquarischen Buchhandlung seltener Bücher führe, über die Dummheit der Menschen im Allgemeinen und seiner Schüler im Besonderen. »Sie als Philosoph wissen das auch, Aufklärung!«, sagte er beim Aussteigen mit erhobenem Zeigefinger.
Mir ist die letzten Tage aufgefallen, dass, speziell seit Trump, vermehrt über Bildung als Aufklärung geredet wird. Recht so, dachte ich, die Aufklärung darf nie aufhören.
Es scheint allerdings, auch bei diesem grauen Mann, nicht die Aufklärung gemeint zu sein. Offenbar sind es zwei unterschiedliche Bildungen, die in der Debatte miteinander Rumba tanzen, aber keiner der Tanzpartner ist näher mit Kant bekannt.
Taxi Gedanken oder Straßenphilosophie
Ich darf mich vorstellen: Mein Name ist Walter Jentzsch, ich bin Taxifahrer und Magister-Philosoph.
Das klingt wie ein blödes Klischee und ist es auch, zumindest in meinem Fall.
Ich hatte einen guten Job, aber das selbstständige Taxifahren gibt mir die Zeit, an einem bahnbrechenden Werk der politischen Philosophie zu arbeiten.
Beim Fahren stellen sich mir aber auch andere interessante Fragen, die ich gerne mit Ihnen teilen möchte, immer freitags nachmittags, da fährt mein Angestellter Abu mein Taxi und meine Freundin Jenny ist beim Yoga. Sofern sie keine depressive Phase hat.
Mein Freund Christoph läd meine Gedanken freundlicherweise auf seinem Blog hoch, da ich mich mit sowas nicht auskenne und das auch gerne so bleiben kann.
Danke, erstmal, und viel Spaß!